Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war es üblich, Geisteskranke anzuketten. Danach entstanden staatliche Großanstalten, in denen die Kranken mit zum Teil grausam anmutenden Methoden behandelt wurden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich eine "moralische Behandlung" durch. Um 1900 kamen Bettbehandlung und Dauerbäder auf. Medikamente standen kaum zur Verfügung

Therapie vor 1933

Als "Blüthen der Humanitäts-Anstalten" bezeichnete der Psychiater Philipp August Damerow (1798-1866) die staatlichen Großanstalten. Übliche Behandlungsinstrumente waren der "Horn'sche Sack" oder die Drehmaschine. Auf solche mechanischen Zwänge wurde bei der "moralischen Behandlung" verzichtet. Hier stand der Anstalt eine allgegenwärtige, allwissende und wohlwollende Macht vor, die durch die Person des Chefarztes repräsentiert wurde. Als ein solches patriarchalisches System müssen wir uns die Dalldorfer Anstalt in den Gründerjahren vorstellen. An Medikamenten standen lediglich Chloralhydrat, Bromkali und Monobromcampher zur Verfügung. Wichtigstes Behandlungsmittel war eine rigorose Arbeitstherapie. Um 1900 setzte sich eine konsequente Bettbehandlung durch: Jeder aufgenommene Kranke sollte mindestens acht Tage im Bett verbleiben. Gleichzeitig kam die Behandlung mit warmen Dauerbädern auf: Dabei mussten Patienten bei Temperaturen von 32 bis 37 Grad stundenlang im Wasser liegen – eines der wenigen Mittel, um erregte Kranke zu beruhigen und gleichzeitig ununterbrochen zu überwachen. Die Progressive Paralyse, eine fortschreitende syphilitische Hirnerkrankung mit hochgradiger Zerstörung der Persönlichkeit und mit Reiz- und Lähmungserscheinungen, war bis 1920 die häufigste Geisteskrankheit in den Anstalten. Da einzelne Heilversuche mit Fieberkuren erfolgreich waren, versuchte Julius Wagner von Jauregg (1857-1940) eine Heilung mit "künstlicher Malaria" zu erzielen. Den Kranken wurde dazu Venenblut von Malariakranken injiziert. Für die Patienten war diese Behandlung die einzige Chance, da die Progressive Paralyse in wenigen Jahren zum Tode führte. Wagner von Jauregg erhielt für seine Entdeckung 1927 den Nobelpreis für Medizin. Die Malariatherapie stand Modell für weitere Versuche, zu einer organischen Therapie der Psychosen zu gelangen. Letztendlich bauten auch die in den 1920er Jahren entwickelten und ab 1934 anwendbaren Schock-Therapien auf diesem Modell auf.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war es üblich, Geisteskranke anzuketten. Danach entstanden staatliche Großanstalten, in denen die Kranken mit zum Teil grausam anmutenden Methoden behandelt wurden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich eine "moralische Behandlung" durch. Um 1900 kamen Bettbehandlung und Dauerbäder auf. Medikamente standen kaum zur Verfügung

Therapie vor 1933

Als "Blüthen der Humanitäts-Anstalten" bezeichnete der Psychiater Philipp August Damerow (1798-1866) die staatlichen Großanstalten. Übliche Behandlungsinstrumente waren der "Horn'sche Sack" oder die Drehmaschine. Auf solche mechanischen Zwänge wurde bei der "moralischen Behandlung" verzichtet. Hier stand der Anstalt eine allgegenwärtige, allwissende und wohlwollende Macht vor, die durch die Person des Chefarztes repräsentiert wurde. Als ein solches patriarchalisches System müssen wir uns die Dalldorfer Anstalt in den Gründerjahren vorstellen. An Medikamenten standen lediglich Chloralhydrat, Bromkali und Monobromcampher zur Verfügung. Wichtigstes Behandlungsmittel war eine rigorose Arbeitstherapie. Um 1900 setzte sich eine konsequente Bettbehandlung durch: Jeder aufgenommene Kranke sollte mindestens acht Tage im Bett verbleiben. Gleichzeitig kam die Behandlung mit warmen Dauerbädern auf: Dabei mussten Patienten bei Temperaturen von 32 bis 37 Grad stundenlang im Wasser liegen – eines der wenigen Mittel, um erregte Kranke zu beruhigen und gleichzeitig ununterbrochen zu überwachen. Die Progressive Paralyse, eine fortschreitende syphilitische Hirnerkrankung mit hochgradiger Zerstörung der Persönlichkeit und mit Reiz- und Lähmungserscheinungen, war bis 1920 die häufigste Geisteskrankheit in den Anstalten. Da einzelne Heilversuche mit Fieberkuren erfolgreich waren, versuchte Julius Wagner von Jauregg (1857-1940) eine Heilung mit "künstlicher Malaria" zu erzielen. Den Kranken wurde dazu Venenblut von Malariakranken injiziert. Für die Patienten war diese Behandlung die einzige Chance, da die Progressive Paralyse in wenigen Jahren zum Tode führte. Wagner von Jauregg erhielt für seine Entdeckung 1927 den Nobelpreis für Medizin. Die Malariatherapie stand Modell für weitere Versuche, zu einer organischen Therapie der Psychosen zu gelangen. Letztendlich bauten auch die in den 1920er Jahren entwickelten und ab 1934 anwendbaren Schock-Therapien auf diesem Modell auf.

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war es üblich, Geisteskranke anzuketten. Danach entstanden staatliche Großanstalten, in denen die Kranken mit zum Teil grausam anmutenden Methoden behandelt wurden. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich eine "moralische Behandlung" durch. Um 1900 kamen Bettbehandlung und Dauerbäder auf. Medikamente standen kaum zur Verfügung

Therapie vor 1933

Als "Blüthen der Humanitäts-Anstalten" bezeichnete der Psychiater Philipp August Damerow (1798-1866) die staatlichen Großanstalten. Übliche Behandlungsinstrumente waren der "Horn'sche Sack" oder die Drehmaschine. Auf solche mechanischen Zwänge wurde bei der "moralischen Behandlung" verzichtet. Hier stand der Anstalt eine allgegenwärtige, allwissende und wohlwollende Macht vor, die durch die Person des Chefarztes repräsentiert wurde. Als ein solches patriarchalisches System müssen wir uns die Dalldorfer Anstalt in den Gründerjahren vorstellen. An Medikamenten standen lediglich Chloralhydrat, Bromkali und Monobromcampher zur Verfügung. Wichtigstes Behandlungsmittel war eine rigorose Arbeitstherapie. Um 1900 setzte sich eine konsequente Bettbehandlung durch: Jeder aufgenommene Kranke sollte mindestens acht Tage im Bett verbleiben. Gleichzeitig kam die Behandlung mit warmen Dauerbädern auf: Dabei mussten Patienten bei Temperaturen von 32 bis 37 Grad stundenlang im Wasser liegen – eines der wenigen Mittel, um erregte Kranke zu beruhigen und gleichzeitig ununterbrochen zu überwachen. Die Progressive Paralyse, eine fortschreitende syphilitische Hirnerkrankung mit hochgradiger Zerstörung der Persönlichkeit und mit Reiz- und Lähmungserscheinungen, war bis 1920 die häufigste Geisteskrankheit in den Anstalten. Da einzelne Heilversuche mit Fieberkuren erfolgreich waren, versuchte Julius Wagner von Jauregg (1857-1940) eine Heilung mit "künstlicher Malaria" zu erzielen. Den Kranken wurde dazu Venenblut von Malariakranken injiziert. Für die Patienten war diese Behandlung die einzige Chance, da die Progressive Paralyse in wenigen Jahren zum Tode führte. Wagner von Jauregg erhielt für seine Entdeckung 1927 den Nobelpreis für Medizin. Die Malariatherapie stand Modell für weitere Versuche, zu einer organischen Therapie der Psychosen zu gelangen. Letztendlich bauten auch die in den 1920er Jahren entwickelten und ab 1934 anwendbaren Schock-Therapien auf diesem Modell auf.